Leben in der Klimakrise

Für die Bewältigung der Klimakrise reicht es nicht aus, unseren negativen Einfluss einfach nur auf null zu reduzieren. Wir müssen schnellstens von degenerativen, ausbeutenden, und zerstörerischen Verhaltensmustern zu regenerativen, co-kreativen, und heilenden Einflüssen auf Gesellschaft und das Leben wechseln.

Daniel Christian Wahl

Wir stecken in einer tiefen ökologischen Krise. Die Frage ist nur, ob wir das wirklich wahrhaben wollen. Weglaufen geht nicht, den Kopf in den Sand stecken bringt nichts und naive Hoffnungssehnsüchte werden uns nicht retten. Trotzdem können wir eine Menge tun: anfangen, erwachsen zu werden – und uns um Regeneration kümmern, wo immer es geht.

Erkenntnisse

So gut das Konzept von „Nachhaltigkeit“ klingen mag, es ist zu schwach. Denn es braucht mehr, als nur die Idee, etwas nicht kaputt zu machen (das meint Nachhaltigkeit), es braucht Wiederherstellung, Heilung, Regeneration. Das ist einerseits viel ambitionierter als Nachhaltigkeit, anderseits aber auch einfacher. Denn Regeneration ist ein Prinzip des Lebens selbst. Unsere Aufgabe dabei ist es, „regenerative Kulturen zu entwickeln“ (Daniel Christian Wahl), Muster der Regeneration zu erforschen (wie beispielsweise in der Permakultur) und wo immer es geht auf naturbasierte Lösungen zu setzen.

Wir werden uns an die neuen klimatischen Bedingungen wie Hitze oder Dürre anpassen müssen. Doch Klimafolgenanpassung darf nicht dem Klimaschutz entgegenstehen. Wir haben die Wahl, wie wir Anpassung gestalten. Bildhaft: Um uns der Hitze anzupassen, können wir auf Klimaanlagen setzen, die die Klimakrise letztlich noch verschärfen, oder auf Fassaden- und Dachbegrünung, die die Klimakrise sogar abmildern können.

Knappheiten werden in Zukunft immer wieder unser Leben prägen. Doch das Leben auf einem ungastlicher werdenden Planeten fordert uns zu mehr Gastlichkeit heraus (Fabian Scheidler). Wie können wir mit Mangel umgehen, ohne Arschlöcher zu werden (Jem Bendell)? Was wollen wir dabei bewahren – und was müssen wir in Würde sterben lassen, das nicht mehr lebensdienlich ist?

(Christliche) Spiritualität kann uns helfen, erwachsen zu werden – leider kann eine ungesunde Spiritualität aber auch genau das Gegenteil bewirken und uns infantiler werden lassen. Eine gesunde Spiritualität kann zur Regeneration beitragen. Religiös nennt man dies „Heilung“. Doch wie gelingt Heilung eigentlich? Was wissen wir darüber?

Und welche Rolle haben wir als Menschen in der Mehr-als-menschlichen-Welt? Die zerstörerische Sonderrolle, die wir uns als „Krönung der Schöpfung“ zugeschrieben haben, steht uns nicht zu. Trotzdem haben wir eine Aufgabe: Schaden wieder gut machen und Lebendigkeit fördern. Uns darum kümmern, was wir – gerade auch theologisch – verbockt haben. Den Anthropozentrismus überwinden und die Mitgeschöpflichkeit aller Lebewesen ernstnehmen (einschließlich der Erde selbst). Und dann: Ausprobieren, wie Regeneration und Heilung, wie Versöhnung und Gastlichkeit gelingen können.