Planetares Lernen

„Wir leben nicht nur in einem globalen Zeitalter, sondern am Scheitelpunkt vom Globalen und Planatarischen.“

Dipesh Chakrabarty

Der Mensch ist zum dominierenden Einflussfaktor auf der Erde geworden, die planetaren Belastungsgrenzen sind erreicht und die Stabilität unserer Ökosysteme kommt aus dem Tritt. Wir stehen vor einer beispiellosen Herausforderung, und das Objekt unserer Sorge ist nicht mehr nur die Welt (eine menschenzentrierte Kategorie), sondern der Planet selbst (und damit viel mehr als das Menschengemachte). Wir müssen anfangen, nicht nur global zu denken, sondern auch planetar. Der indische Historiker Dispesh Chakrabarty spricht hier von einer „planetaren Wende“. Und diese Wende bedeutet auch, globales Lernen zum planetaren Lernen zu erweitern.

Erkenntnisse

Es gibt eine Vielzahl von Bildungskonzepten, die den Klimawandel aufgreifen: Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), transformative Bildung oder globales Lernen. Müsste es dann nicht auch „planetares Lernen“ geben, wenn wir nicht das Leben auf dem Globus, sondern das Leben auf dem Planeten zum Ausgangspunkt nehmen? Wie könnte ein „planetares Lernen“ aussehen?

Den Hintergrund für die Idee des planetaren Lernens bieten die Debatten ums „Anthropozän“, den „planetaren Belastungsgrenzen“, der „Planetary Health“ (ein Gesundheitskonzept, das alles Leben auf der Erde und den Planeten selbst mit einbezieht) und eben der „planetaren Wende“ (Dipesh Chakrabarty). Und es sind nicht nur Konzepte, die uns einen ganz neuen Blick auf den Planeten zeigen, sondern auch Metaphern wie das „Spaceship Earth“ (Buckmister Fuller) oder das ikonische Bild der aufgehenden Erde („Earthrise“), aufgenommen aus der Perpsektive des Mondes.

Wir sind aufgerufen, unsere planetare Zugehörigkeit und Verwurzelung zu erkennen und uns in das große Gefüge des Lebens einzufüge. Zum planetaren Lernen gehört es, die Muster des Lebens zu entdecken (vielleicht gar eine „Mustersprache der Lebendigkeit“ zu entwickeln?) und einen Sinn für die geologische Zeit (Tiefenzeit, Deep Time) zu verspüren. Dann könne wir die Erde nicht nur aus der kurzen Geschichte der Menschheit, des Holozäns oder den wenigen tausend Jahren unserer Zivilisation zu betrachten, sondern in einen langfristgen Kontext zu stellen.

Indem wir die Geschichte des Planeten verstehen, lernen wir uns und unsere Aufgabe verstehen. Im Herzen des planetaren Lernens steht die Suche nach unserer Bestimmung. Welche Rolle haben wir als Menschen in der Mehr-als-menschlichen-Welt? Die zerstörerische Sonderrolle, die wir uns als „Krönung der Schöpfung“ zugeschrieben haben, steht uns nicht zu. Trotzdem haben wir eine Aufgabe: Schaden wieder gut machen und Lebendigkeit fördern. Uns darum kümmern, was wir – gerade auch theologisch – verbockt haben. Den Anthropozentrismus überwinden und die Mitgeschöpflichkeit aller Lebewesen ernstnehmen (einschließlich der Erde selbst).

Didaktisch sind es (mindestens) drei Bewegungen, an denen sich planetares Lernen ausrichtet:

  • Wie kommen wir von einer anthropozentrischen zu einer ökologischen Haltung?
  • Wie kommen wir von einer imperialen zu einer bedürfnisorientierten Lebensweise?
  • Wie kommen wir vom degenerierenden zum regenrierenden Handeln?

Projekte

Ich arbeite an einer Didaktik für transformative Bildung, für die genannten drei Bewegungen entwickle ich entsprechende didaktische Modelle. Dazu nutze ich Erkenntnisse und Übungen aus der Despair-Arbeit, der Tiefenökologie, der Schöpfungsspiritualität, der Permakultur, der Gewaltfreien Kommunikation und der Debatte um Tiefenanpassung („Deep Adaptation“). Und zunehmend versuche ich dabei, mich an der Idee eines planetares Lernen auszurichten.