Natur & Liturgie

„Warum gehst du in den Wald“, fragte der Vater?
„Um Gott zu suchen“, sagte der Knabe.
„Aber – ist Gott denn nicht überall?“
„Er schon“, sagte das Kind, „aber ich bin nicht überall derselbe“.

Elie Wiesel

Die ökologische Krise ruft uns „nach draußen“, in die Natur. Wir suchen und feiern die tiefe Verbundenheit – mit dem Göttlichen und mit uns selbst, mit unserer sozialen und mit unseren natürlichen Mitwelt. Dazu brauchen wir auch litugisch neue Formate, erdig und geerdet.

Erkenntnisse

Die Welt ist voller (Lebe-)Wesen. Auch wir Menschen gehören dazu, aber wir sind nicht die einzigen. Wir leben in einer mehr-als-menschlichen-Welt.

Die Natur ist keine grüne Bühne für Freiluftgottesdienste und auch kein Medium für Verkündigung. Sie ist nicht Methode oder Mittel, sie ist unsere Heimat. Die einzige, die wir haben. Wir selbst sind Natur. Natur ist unser Dasein, unser Wesen – auch wenn wir das oft vergessen.

Liturgien und Rituale müssen der Qualität der Natur gerecht werden. Diese Qualitäten sind: zyklisch/kreisförmig, wild/schöpferisch, kooperativ, resonant, berührend, urteilsfrei und werdend & vergehend (ein paar Notizen dazu hier.)

Es geht nicht darum, Christliches in die Natur „reinzubringen“, sondern in allem Christus zu sehen (Richard Rohr). Die Texte der ca. zweitausend Jahre alten „zweiten Bibel“ (die Heilige Schrift) sind eingebettet in die Milliarden Jahre alte „erste Bibel“ (die Schöpfung), nicht umgekehrt.

Besondere Bedeutung haben die äußeren und inneren Zeiten, also das Naturjahr und die eigene biografische Entwicklung. Ebenso wichtig sind die inneren und äußeren Orte: die Seelenlandschaften, die wir in uns bergen, wie die umgebende Landschaft, in der wir uns bewegen.

Es gibt fruchtbare Ansätze, um Natur und Liturgie zu verbinden. Impulse setzen hier die Bewegungen von „Wild Church“ und „Forest Church“. Der Kirchenjahreskreis kann sich neu entfalten, wenn er sich wieder stärker auf den Naturjahreskreis bezieht. Schöpfungsspirituelle Ansätze können weiterentwickelt werden, wie zum Beispiel die „Kosmische Liturgie“.

Gute Anregungen findet man aber gerade auch in den nicht christlich geprägten Natur-Ansätzen wie der Initiatischen Prozessarbeit in der Natur (Visionssuche), der Wildnispädagogik, der Naturtherapie und der achtsamkeitsorientierten Naturarbeit – und nicht zuletzt in der Tiefenökologie, vorallem in der Active-Hope-Spirale von Joanna Macy.

Seminare

Natur & Liturgie. Christliche Spiritualität im Jahreslauf der Natur entdecken. 8-teiliges Seminar.

„Church of the Wild“ erleben und lernen. Seminar für Menschen, die eine WildChurch selbst anbieten möchten.

Material

Die Wild-Church-Liturgie , mit der ich arbeite.

Natur-Qualitäten und ihre Bedeutung für liturgisches Arbeiten.

Kurzer Text zur WildChurch im Programmheft der Melanchthon-Akademie.